«Die Idee hinter der Agri-Photovoltaik ist so einfach wie genial: Auf der gleichen Fläche wird mehrfach geerntet.» Mit diesem Statement brachte Markus Dieth, Aargauer Landammann und Landwirtschaftsdirektor, seine Begeisterung für das AgriSolar genannte Projekt zum Ausdruck. Die FiBL Apfelplantage (Niederstamm) werde künftig nicht nur Früchte hervorbringen, sondern auch Elektrizität liefern. Die rund 600 Quadratmeter grosse Anlage dürfte jährlich gut 50 Megawattstunden produzieren.
Landwirtschaft hat Vorrang
Die Panels sitzen auf 3,5 Meter hohen Stahlträgern und weisen eine Satteldachoptik auf. Die Belastbarkeit etwa bei starkem Schneefall oder Hagel wird mit 400 Kilo pro Quadratmeter angegeben, was auch stärksten Wetterkapriolen standhalten dürfte. Die Solarmodule sind semitransparent und gewähren somit eine hohe Lichtdurchlässigkeit. «Damit kommt genügend Licht zu den Pflanzen», sagte Markus Dieth an der Einweihungsfeier kürzlich in Frick. Das sei essenziell, denn die Solaranlage dürfe keinesfalls die Menge oder die Qualität der Agrarerzeugnisse schmälern. Es sei unabdingbar, dass unter dem Strich Vorteile für die landwirtschaftliche Produktion entstünden. «So können wir den Landnutzungsdruck verringern und gleichzeitig die Energieversorgung für künftige Generationen neu denken.»
Den Blick ebenfalls in die Zukunft richtete Jürn Sanders, Vorsitzender der Geschäftsleitung des FiBL. Er zeigte auf, wie vielschichtig verknüpft ein Projekt mit Agri-Photovoltaik sein kann. Es umfasse nicht nur die Produktion von Lebensmitteln, sondern untersuche auch die vielen Interaktionen, die mit der Agrikultur verbunden seien. «Mit AgriSolar wollen wir mehr herausfinden über das Zusammenwirken von Boden, Pflanzen und Tieren. Wir fragen, welche Synergien wir nutzen können, etwa mit Blick auf den Klimawandel.»
Zwei weitere Versuchsanlagen geplant
Spezifisch untersucht werden in der Anlage in Frick die Bereiche Pflanzenschutz, Bestäubungsverhalten und Biodiversität. So ist es denkbar, dass beschattete Flächen in einem Hitzesommer Vorteile haben. Das gilt auch für das Regenwasser, das sich durch die Anlagen sammeln lässt und bei Trockenheit sehr wertvoll ist. «Am Ende muss ein Betrieb, der Solaranlagen aufstellt, natürlich rentabel sein», meinte Jürg Sanders. «Aber er muss auch ökologisch und sozial nachhaltig produzieren.»
Das AgriSolar-Projekt umfasst zwei weitere Anlagen, die auf einem Acker und auf Grünland zu stehen kommen. Das Ackerprojekt sieht vor, in der Nähe des Landwirtschaftliches Zentrums Liebegg eine Fruchtfolgefläche von rund 100 Aren mit Panels zu bestücken. Das Weideprojekt soll in der Nähe des FiBL entstehen und rund 40 Aaren umfassen.
Transfer der Erkenntnisse in die Praxis
Ziel von AgriSolar ist es, grundlegende Fragen zu klären wie den Einfluss auf Ertrag und Qualität der Agrarprodukte. Oder die Frage, welche Kulturen für diese Art der Zusatznutzung am besten geeignet sind. Die Resultate sollen zurück in die Praxis fliessen. Landwirt*innen, welche bereits Agri-Photovoltaik nutzen oder daran Interesse haben, sollen die wichtigsten Fakten erhalten. AgriSolar wird von FiBL, dem Aargauer Landwirtschaftszentrum Liebegg und dem Kanton Aargau getragen und von der Leopold Bachmann Stiftung mitfinanziert. Das Projekt hat eine Laufzeit von 25 Jahren.
Beat Grossrieder, FiBL
Weiterführende Informationen
Pilotanlagen der AgriSolar Forschung (agrisolarforschung.ch)
Medienmitteilung des FiBL (fibl.org)